Die Prinzipien der Marktwirtschaft bauen auf einem vollkommenen Wettbewerb auf. Dieser ist nur dann gegeben, wenn kein Unternehmen und kein Konsument stark genug ist, um den Marktpreis zu beeinflussen. Eine derartige Situation liegt in der Regel dann vor, wenn sich eine grosse Anzahl von Kaufenden und Verkaufenden gegenüberstehen und ein freier Zutritt zum Markt möglich ist.
Unternehmungen wollen Gewinne maximieren und streben dazu, Marktmacht zu erreichen und dabei im Sinn einer Marktbeherrschung den Wettbewerb auszuschalten und auf den Preis Einfluss zu nehmen. In den Agrar- und Lebensmittelmärkten der Schweiz sind deshalb in den letzten Jahrzehnten Marktstrukturen entstanden, die von den zwei marktmächtigen Unternehmungen Migros und Coop dominiert werden. Es herrscht faktisch ein Duopol, dessen Auswirkungen in der kleinräumigen Schweiz mit hohem Grenzschutz für landwirtschaftliche Produkte äusserst gravierend sind.
Bei der Preisbildung, bei der Wertschöpfungsverteilung und bei den Themen der Marktmacht herrscht kaum Transparenz. Die Öffentlichkeit hat wenig Kenntnis von den unguten Entwicklungen, die aber umfangreiche Auswirkungen für Umwelt, Mensch und Tier zur Folge haben. Auch hinsichtlich Erkenntnisse aus der Forschung sind kaum Studien vorhanden, die diesbezüglich mehr Transparenz schaffen würden.
Deshalb besteht grosser Handlungsbedarf zur Erarbeitung von neuen Erkenntnissen im schweizerischen Kontext, um diese Sachverhalte konsequent aufzuarbeiten.
Verschiedene Studien und Publikationen haben in jüngster Vergangenheit die Hypothese bestätigt, dass die Agrar- und Foodmärkte nicht entsprechend funktionieren, wie dies vom Regulator erwartet wird.
Das Kartellgesetz bzw. der Staat als Regulator stellt den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen marktwirtschaftlichen Ordnung sicher und bekämpft dazu Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen. Mit Jahresbeginn 2022 kamen die neuen Vorschriften zur relativen Marktmacht zur Anwendung, wie dies die Professoren Paul Richli und Mathias Binswanger in einem Gastbeitrag in der NZZ vom 6.4.2022 darlegen.
Wie die Ergebnisse von Studien und Publikationen zeigen, spielen die Märkte sehr unvollständig. Gemäss Richli und Binswanger sollten die dargelegten Studien und Ergebnisse für die Wettbewerbsbehörden (WEKO) Grund genug sein, die beschriebene Marktsituation unter dem neuen Aspekt der relativen Marktmacht aus eigener Initiative abzuklären. Der Verdacht liege nahe, dass die Ausnutzung der relativen Marktmacht durch die beiden Detailhändler ein Marktversagen verursache.
Der Verein FMS sieht diesbezüglich ebenfalls grossen Handlungsbedarf. Sollte die WEKO nicht selbst tätig werden, wird FMS ein Begehren für eine Vorabklärung stellen und Anzeige erstatten. In einem solchen Verfahren wären die Detailhandelsunternehmungen verpflichtet, alle Angaben zur Feststellung der relativen Marktmacht sowie geheim gehaltene Kalkulationen gegenüber den Wettbewerbsbehörden offenzulegen.
Fairness in den Lebensmittelmärkten setzt nicht nur faire Lieferbeziehungen voraus, sondern vor allem auch eine faire Verteilung der Wertschöpfung innerhalb der Lieferkette. Den Produzenten ist die generierte Wertschöpfung aufwandgerecht und fair zu entschädigen. Schlecht funktionierender Wettbewerb und Marktversagen hindern ausserdem den nachhaltigen Wandel zu nachhaltigen landwirtschaftlichen Märkten.
Heute fehlt in den Agrar- und Lebensmittelmärkten eine faire Verteilung der Wertschöpfung. Es ist seit langem bekannt, dass die heutigen Marktordnungen und -strukturen sowohl global wie national in den Agrar- und Lebensmittelmärkten keine Fairness gewährleisten. Die Liberalisierung der Märkte und die zunehmende Grenzöffnung haben die Situation diesbezüglich noch dramatisch verschlechtert.
Agrarpreise bilden sich aufgrund von Nachfrage und Angebot. Dabei muss aber ein förderlicher Wettbewerb im Interesse aller sichergestellt werden und das Element Fairness mehr Gewicht erhalten. Es braucht in Zukunft in den Wertschöpfungsketten eine neue Denkweise. Schädliche Marktkonstellationen, der Missbrauch von Marktmacht und unfaire Handelspraktiken sind konsequent zu bekämpfen.
FMS engagiert sich für faire Märkte, in denen ein förderlicher Wettbewerb im Interesse aller Akteure sichergestellt wird. Damit fördert FMS auch gezielt den Wandel hin zu nachhaltigen und tiergerechten Ernährungssystemen, indem die Konkurrenzfähigkeit zukunftstauglicher Produkte ansteigt und das Wohlergehen von Mensch, Tier und Umwelt gefördert wird. FMS legt dabei den Fokus gezielt auf die Ursachen der Absatzprobleme bei den nachhaltig und tierfreundlich erzeugten Produkten wie z.B. schädliche Marktkonstellationen oder unfaire Handelspraktiken. Davon werden die Umwelt auf breiter Ebene und ebenso Millionen von Nutztieren stark profitieren.
Auch der Bundesrat sieht gemäss seinem Bericht «Zukünftige Ausrichtung der Agrarpolitik» diesbezüglich grossen Handlungsbedarf und will dafür speziell die Markttransparenz und die Kostenwahrheit verbessern. Gemäss dem Bundesrat wird heute das «nachhaltige, gesundheits- und tierwohlfördernde Einkaufsverhalten» behindert.
Die Forschungsaufgaben werden vom Leiter des Expertenbeirates, von Prof. Dr. Mathias Binswanger koordiniert. Es wurde bereits eine Zusammenarbeit mit Forschungsteams der Fachhochschule Nordwestschweiz in die Wege geleitet und einzelne Projekte in Auftrag gegeben.
Mit dem FMS-Expertenbeirat werden weitere Forschungsfragen definiert und an Forschungsteams vergeben. Die ersten Ergebnisse der Forschungsprojekte werden noch im laufenden Jahr publiziert.
Mit den neuen Erkenntnissen aus angewandten Forschungsfragen wird FMS aufzeigen, wo Markt- und Wettbewerbsverzerrungen sowie unfaire Handelspraktiken existieren und welche Auswirkungen durch den ungenügend funktionierenden Wettbewerb und das Marktversagen auf Umwelt, Mensch und Tier entstehen.
Als Fördermitglied oder mit einer regelmässigen oder einmaligen Spende tragen Sie direkt dazu bei, dass fairer Handel zu nachhaltigen, gesunden und art- und naturgerecht erzeugten Produkten für Konsumentinnen und Konsumenten führt. Herzlichen Dank!
Verschiedene Studien belegen die schädlichen Auswirkungen von Märkten, bei denen keine Fairness unter den Stakeholdern herrscht resp. zeigen die positiven Effekte von fairen Märkten für Marktteilnehmende auf Augenhöhe.