Handeln und Zukunft gestalten, 99-Rappen-Pfünderli und lokal+fair-Auszeichnung: Monatsbericht November 2025
Die Chefredaktorin der Bauernzeitung Simone Barth geht in ihrer tiefgründigen Analyse unter dem Titel “Wie Discounterpreise die Landwirtschaft aushöhlen” auf unsere Eingabe bei den Wettbewerbsbehörden (Weko) ein. Sie stärkt damit die Diskussion zur Fairness und zu den Werten unserer Lebensmittel. Sie ruft Bäuerinnen und Bauern auf, nicht zu schweigen und schliesst ihren Beitrag mit dem Satz: “Aber wenn sie reden, verhandeln sie mit. Und wenn sie handeln – dann gestalten sie Zukunft. Eine, in der Brot wieder Wert hat.” Faire Märkte Schweiz handelt! Wir informieren darüber im Fokus-Beitrag.
Faire Märkte Schweiz hat sich in ihrem zweijährigen Bestehen auch im wissenschaftlichen Umfeld etabliert. Wir stellen Ihnen das Agripedia-Wissensportal vor. Sie finden dort neben den renommierten Tools auch unseren methodischen Ansatz zur Messung von Nachhaltigkeit und Fairness. Ganz am Schluss präsentieren wir Ihnen eine “Perle” in der Region Bern. Freuen Sie sich auf den Artikel über die Gemeinde Wohlen und einen ihrer engagierten lokalen Produzenten.
Und noch dies: Wenn der Druck in einem Markt zunimmt, dann spüren wir dies sofort über die Meldestelle oder andere Zuschriften, wie z.B. diese mit der abschliessenden Botschaft “Danke, dass sich Faire Märkte Schweiz meinem Anliegen annimmt. Die Bauern brauchen euch!”
Im Fokus
99-Rappen Pfünderli: FMS und die Bäcker gelangen an die Weko
Der Verein Faire Märkte Schweiz hat beim Sekretariat der Wettbewerbskommission (Weko) eine umfassende Untersuchung der Marktverhältnisse eingefordert. Zum gleichen Zeitpunkt hat die Fribourger Sektion des Bäckermeisterverbandes bei der gleichen Behörde eine Anzeige eingereicht. Auch sie verlangt von der Weko rasch konkrete Schritte. Die unfaire Marktsituation ist zu entschärfen – und zwar bevor weiterer Schaden entsteht, indem gewerbliche Betriebe aus dem Markt gedrängt oder zusätzlicher Druck auf die inländischen Getreidepreise entsteht.
Aus Sicht von FMS sind die eklatanten Diskrepanzen bei den Verkaufspreisen, die im gewerblichen Betrieb vier oder fünfmal höher sein können – nicht nur Symptome von zwei ganz verschiedenen Herstellungsverfahren, sondern vor allem des strukturellen Marktversagens und von missbräuchlichem Verhalten im Brotmarkt.
Das Sekretariat der Weko sieht bisher keine Anhaltspunkte für unzulässige Wettbewerbsabreden und den Missbrauch von Marktmacht. Welche weiteren Massnahmen getroffen werden, sprechen wir nun mit der Fribourger Bäcker-Sektion zuerst ab.
In diesem Zusammenhang können wir auf ein Projekt aufmerksam machen, worin alle Akteure entlang der Produktionskette Brotgetreide angemessen entlohnt werden. Eine unserer Partnerorganisationen Progana hat ein Projekt ins Leben gerufen, worin die Rückverteilung des Mehrwerts an die Produzenten transparent gemacht wird, damit diese den angestrebten Stundenlohn für den Anbau von Bio-Brotgetreide von 40.- pro Stunde erzielen.
Kurzmeldungen
Nationale Kampagne vom Verein zur Förderung fairer Milch: Unterzeichne diesen Aufruf!
Der Verein zur Förderung fairer Milch hat am 17. November an einer Medienkonferenz in Bern einen öffentlichen Aufruf (faire-milch-jetzt.ch) an die Migros lanciert. Der Verein fordert die Migros gemeinsam mit den KonsumentInnen auf, fair gehandelte Milch ins Angebot aufzunehmen und die Schweizer Milchwirtschaft zu erhalten. FMS hat sich bereits mehrfach für einen fairen Milchmarkt eingesetzt, u.a. mit dem Video: https://www.youtube.com/watch?v=-QLUN228B_0 (Berichte auf unserer Webseite, etwa hier und hier.
Agripedia-Wissensportal: Instrumente zur Bewertung der Nachhaltigkeit
Auf Agripedia, dem Wissensportal von AGRIDEA, findet sich neu eine Übersicht von Tools zur Messung der Nachhaltigkeit im Schweizer Landwirtschafts- und Ernährungssystem. In kurzen Steckbriefen werden Instrumente vorgestellt, mit denen Betriebe, Unternehmen und Institutionen ihre Nachhaltigkeitsleistungen erfassen und verbessern können. Im Zentrum steht die Messung von Gemeinschaftsgütern – Leistungen, die der Markt kaum honoriert und für die es Messgrössen braucht, welche der Multifunktionalität der Landwirtschaft gerecht werden. Einige Tools richten sich an Praxisbetriebe und Akteure der Wertschöpfungskette, andere unterstützen Verwaltung, Politik oder Förderorganisationen als Entscheidungsgrundlagen.
Faire Märkte Schweiz stellt auf dem Portal den Fairness Self-Check vor. Er misst die Fairness in Handelsbeziehungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette und schliesst damit eine Lücke vieler Bewertungsansätze. Ziel ist, Fairness und Transparenz künftig stärker in bestehende Nachhaltigkeitsinstrumente zu integrieren – ein Anliegen, zu dem Faire Märkte Schweiz bereits mit verschiedenen Unternehmen und Organisationen im Austausch steht.
Blick hinter die Kulissen: FMS-Vorstand und Beirat
Die strategische Führung des FMS und die fachliche Begleitung sind zentrale Pfeiler für strukturierte Planung und Ausrichtung an fundiertem Wissen und neuen Erkenntnissen. Im Herbstanlass des Beirats stellte Prof. Dr. Mathias Binswanger, FMS-Vizepräsident und Leiter des Beirats, den Zwischenstand des Forschungsprojekts ‘Was ist fairer Preis’ vor. Im anschliessenden Workshop diskutierten Beirat und Vorstand zwei zentrale Fragen: die nötige Mitträgerschaft der Branche, damit die Arbeiten des FMS weitergeführt werden können, und die ebenfalls wichtige Herausforderung, Öffentlichkeit und Zielgruppen klar aufzuzeigen, wie zentral faire Märkte sind für die Transformation zu Nachhaltigkeit – ganz konkret etwa für Umwelt und Tierwohl. Haben Sie eigene Gedanken dazu? Melden Sie sich bei uns: info@fairemaerkteschweiz.ch.
Der Vorstand überprüfte die Zielwerte mit Blick auf das Jahresende und legte die strategischen Grundpfeiler für 2026 fest. Bei den Jahreszielen zeigte sich, dass der FMS eine grosse Fülle an Erkenntnissen durch Forschung und Analysen erzielen, starke Netzwerke aufbauen, hohe Transparenz schaffen, wichtige Interventionen umsetzen, konkrete Lösungen wie mit dem Projekt lokal+fair ausrollen und eine äusserst breite Resonanz erzeugen konnte, welche die Basis ist für Dialog und echte Veränderung. Gleichzeitig zeigt sich: Der Handlungsbedarf ist enorm, und nur mit entsprechenden Finanzmitteln – Spenden und Zuwendungen – kann sich der FMS auch 2026 für Fairness, Umwelt und Tierwohl einsetzen.
Wohlen (BE) erhält den lokal+fair-Award des FMS
Die Gemeinde Wohlen (BE) wird für ihr Engagement für nachhaltige Ernährung mit dem lokal+fair-Award 2025 des FMS ausgezeichnet. Wohlen fördert regionale Lebensmittel, unterstützt lokale Produzenten und stärkt die regionale Wertschöpfung. Die Gemeinde setzt dabei auf konkrete Initiativen: Das Bogen17-Restaurant wurde durch Raumplanung und günstige Mietkonditionen unterstützt, der Dorfmärit ermöglicht lokalen Produzentinnen und Produzenten den direkten Verkauf an die Bevölkerung, und das soziale Projekt Culinaria liefert wöchentlich über tausend Mahlzeiten an Schulen, Kitas und Senior:innen – unter Berücksichtigung lokaler und regionaler Lieferanten, wie z.B. die Käserei Uettligen (siehe unten).
«Wohlen setzt ein klares Signal, dass lokale Produktion, nachhaltige Beschaffung und gesellschaftliches Engagement eng miteinander verbunden werden können.»
Stefan Flückiger, Präsident Faire Märkte Schweiz
Der ‘Schweizer Bauer’ berichtet zur Auszeichnung hier. Zum Bericht auf der Gemeindewebseite Wohlen hier.

Wohlen (BE)-Gemeindepräsident Bänz Müller; Stefan Flückiger, FMS-Präsident.
lokal+fair-Betrieb: Käserei Uettligen
Käsermeister Christoph Räz hat das Flair für guten Käse und edle Milchprodukte schon von seinem Vater geerbt. Zusammen mit seiner Frau Silvia führen sie den Familienbetrieb in Uettligen nahe bei Bern unter dem Logo „CHÄS & SO“. Das Hauptprodukt ist der Emmentaler AOP, der heute noch immer wie damals zum grossen Teil von Hand gemacht wird. Aus 1200 Liter frischer Rohmilch entsteht ein Emmentaler-AOP-Käselaib. Immer grösser wird der Anteil der Milch der lokalen Bauern, mit der Käsespezialitäten oder Milchprodukte wie Frischmilch, Quark, Joghurt hergestellt wird.
Erfreulich ist die steigende Nachfrage v.a. aus dem Dorf, in Schulen und Alterheimen, aber auch aus der Region bis in die Stadt Bern. Deshalb eignet sich die Käserei Uettligen bestens als lokal+fair-Betrieb, in dem die landwirtschaftlichen Rohprodukte möglichst direkt verarbeitet und vermarktet sowie auf allen Stufen fair entschädigt werden.
Link: https://lokalundfair.ch/hofe-und-restaurants/kaeserei-uettligen/

Bild: Christoph Räz, Betriebsleiter der Käserei Uettligen, Gemeinde Wohlen



