Monatsbericht Oktober & November 2023

Faire Märkte Schweiz hat nach dem erfolgreichen Sommer einen ebenso erfolgreichen Herbst erlebt. So liess sich mittels FMS-Studie ‘Preismonitor’ bekräftigen, dass die aktuelle Preispolitik in der Schweiz nicht nachhaltig ist, mit dem ersten Aktionstag wurde das Projekt “lokal+fair” lanciert und Hunderttausende Menschen mit Beiträgen von SonntagsZeitung, NZZ oder in landwirtschaftlichen Fachmedien erreicht. Insgesamt 40 Millionen Mal wurde FMS seit der Lancierung wahrgenommen und die Resonanz über Kommentare, Mails und Anrufe auf der Geschäftsstelle zeigen die Dringlichkeit unserer Anliegen.

Es hat sich gezeigt, dass sich unser Engagement für Fairness in den Märkten nicht nur lohnt, sondern durch unsere Arbeit immer mehr Handlungsbedarf zum Vorschein kommt. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass ein seit über 60 Jahren toleriertes System, mit dem widerrechtlich versteckte Subventionen in Millionenhöhe an Grossmühlen geflossen sind, vom Ständerat und nun von der WAK-N unter dem Radar der Öffentlichkeit wieder etabliert werden soll und dies, obwohl der Bundesrat das Regime auf Anfang Jahr gestoppt hat.

Genau solche Fälle von Markt- und Politikversagen decken wir auf. Wir gehen in den Kurzmeldungen darauf ein. Im Hauptartikel widmen wir uns dem Preismonitor, den FMS im Oktober eingeführt hat. Ganz am Schluss gehen wir nochmals auf die verschiedenen Optionen ein, wie Sie uns unterstützen können.


Im Fokus: FMS Preismonitor

Die Debatte über die Transformation hin zu nachhaltigen Ernährungssystemen hat in jüngster Vergangenheit zunehmend die Absatzprobleme im Markt thematisiert. Ein wichtiger Aspekt  in diesem Zusammenhang ist die Preisgestaltung der Produkte und die Wertschöpfungsverteilung entlang der Wertschöpfungskette. Obwohl schon verschiedene Studien in jüngster Vergangenheit in diesem Themenfeld publiziert wurden, zeigt FMS damit ganz neue Aspekte über die Preisfestsetzung und Wertschöpfungsverteilung in Zusammenhang mit der Marktmacht auf. Auch hat kürzlich der Preisüberwacher seine Analyse ausgedehnt und weist in seiner Vorabklärung ebenfalls auf die Problematik der Marktmacht von Migros und Coop hin.

Die Studienautoren der Fachhochschule Nordwestschweiz führen den hohen Preisunterschied zwischen konventionellen und Bioprodukten auf die Marktmacht der Grossverteiler Migros und Coop zurück, die zusammen etwa 70 Prozent des Lebensmittelhandels (inkl. Denner 80 Prozent) in der Schweiz kontrollieren. Diese Marktmacht spielt einerseits eine Rolle für die Landwirtschaft, indem der Produzentenpreis tendenziell nach unten gedrückt werden kann, da die Nachfrager den Preis bestimmen können. Dies führt dazu, dass die Produzentinnen und Produzenten keinen Anreiz haben, umwelt- und tierfreundliche Produkte zu produzieren. Andererseits ist die Marktmacht auch beim Verkauf an die Konsumentinnen und Konsumenten relevant. Gerade bei Bioprodukten wird mit künstlich hohen Margen die höhere Zahlungsbereitschaft der Kunden abgeschöpft. Fazit: Schweizer zahlen über 100 Mio. Franken zu viel für Bioprodukte. Mit diesem Titel hat die Sonntagszeitung die Studie zusammengefasst (Aboartikel), unser Beitrag dazu hier.

Mit der Studie der FNHW wurden die Grundlagen erarbeitet, dass nun alle 3 Monate der Preismonitor aktualisiert und Veränderungen ausgewiesen werden können.


Kurzmeldungen
Der billige Trick der Schweizer Müller

Mit diesem Titel publizierte die NZZ am Sonntag am 15. Oktober einen Artikel. Andere Zeitungen nahmen das Thema auf. Faire Märkte Schweiz machte diesen Fall publik und setzte sich in Hinblick auf die Sitzung der Wirtschaftskommission WAK des Nationalrates für eine Ablehnung ein. Obwohl sich auch der Bundesrat gegen diese versteckten Subventionen einsetzte, stimmte der bürgerliche Block in der WAK mit 14:9 Stimmen vor Kurzem dafür. Die sieben Grossmühlen, die rund 90% des Getreides vermahlen, sollen demnach von verfassungswidrigen Subventionen profitieren. Der Entscheid liegt nun beim Nationalrat. Weil der Wettbewerb zu Gunsten weniger System-Profiteure beträchtlich eingeschränkt wird, bleibt FMS bis zur Abstimmung in der Wintersession an diesem Fall dran. Mehr dazu hier.

Meldestelle kommt gut an

Mit der FMS-Meldestelle bieten wir der Landwirtschaft, aber auch anderen Betrieben der Wertschöpfungskette Food, eine Anlaufstelle bei Verdachtsfällen von unfairen Handelspraktiken. Bisher haben schon viele, v.a. Landwirte, angerufen und uns wertvolle Informationen zur Verfügung gestellt (auch anonym), mit denen wir weitere Abklärungen vornehmen konnten. Bauern und Bäuerinnen können sich damit besser für ihre Rechte und eine faire Austauschbeziehung mit anderen Marktteilnehmenden einsetzen. Hier geht’s zur Melde- und Beratungsstelle des FMS

Preisdrückerei-Ticker eingeführt

Bei den eingegangenen Fällen auf der FMS-Meldestelle stellen wir oft fest, dass bei unfairer Handelspraxis oft Marktmacht im Spiel ist. Die marktmächtigen Unternehmungen Migros und Coop, die Marktanteile von bis zu 80% haben (siehe oben), wollen den Wettbewerb ausschalten und auf den Preis Einfluss nehmen. Deshalb haben wir einen Preisdrückerei-Ticker eingerichtet und fassen Fälle zusammen, die uns über die Meldestelle oder andere Kanäle gemeldet werden. Hier geht’s zum Preisdrücker-Ticker des FMS


FMS unterstützen und Mitglied werden

Der Verein Faire Märkte hat bereits eine grosse Resonanz ausgelöst. Besonders freuen wir uns, dass schon viele Personen Teil der Bewegung für faire Preise in einer nachhaltigen Wirtschaft sein wollen und sich als zukünftiges Mitglied registriert haben. Mit dem folgenden Link können Sie zwischen den verschiedenen Mitgliederkategorien oder Gönnerschaften auswählen. Herzlichen Dank jetzt schon für Ihr Engagement und das Weiterleiten dieser Botschaft an interessierte Personen.

Jetzt Faire Märkte Schweiz unterstützen und Mitglied werden!

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