Neuberechnung Preismonitor: Preisschere beim Fleisch geht weiter auseinander

Neuberechnung Preismonitor: Preisschere beim Fleisch geht weiter auseinander

Die neusten Ergebnisse des Preismonitors, den die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) im Auftrag von Faire Märkte Schweiz (FMS) erstellt hat, zeigen, dass die Benachteiligung von Bioprodukten und deren Produzenten weiterhin besteht. Neu hinzugekommen ist die Untersuchung von Fleischprodukten mit dem IP-Suisse Label. Es zeigt sich, dass Produzenten vom Konsumentenfranken bei IP-Suisse und Bioprodukten gesamthaft durchschnittlich nur 34% erhalten, während es bei konventionellen Produkten rund 42% sind. Besonders im Fleischbereich haben sich die Preisunterschiede teilweise noch weiter vergrössert. Im Hinblick auf die politische Fairnessdebatte ein schlechtes Zeichen. Es wird sich zeigen, wie die jüngsten Ankündigungen der Migros im grossen Stil Preise zu senken – von M-Budget bis Bio – das Preisgefüge beeinflussen werden. 


Ungleiche Wertschöpfungsverteilung zwischen Grossverteilern und Discountern

Die aktuellste Untersuchung für den Preismonitor bestätigt, dass vor allem bei den beiden Grossverteilern Migros und Coop die Differenz zwischen Konsumenten- und Produzentenpreisen bei Bioprodukten im Vergleich zu konventionellen Produkten grösser bleibt. So ist beispielsweise bei den beiden Produkten Karotten und Kartoffeln die Preisdifferenz der Bio-Variante jeweils mehr als doppelt so gross wie beim konventionellen Produkt, was auf beträchtliche Unterschiede in den Bruttomargen im Handel hinweist.


Ein Vergleich zwischen den Grossverteilern und den Discountern Aldi und Lidl zeigt zudem, dass der Produzentenanteil bei Discountern um etwa 13 % höher ist. Besonders markant ist der Unterschied beim Bio-Weissmehl: Während die Produzenten bei Discountern 54 % des Verkaufspreises erhalten, sind es bei den Grossverteilern lediglich 34 %.

Viel Dynamik bei den Fleischpreisen

Die meisten Preisveränderungen seit der letzten Erhebung im Frühling sind im Fleischbereich festzustellen. Einer der grössten Anstiege verzeichnet das umsatzstarke Produkt Rindshackfleisch, bei dem die Differenz zwischen dem Bio-Konsumentenpreis und Produzentenpreis neu doppelt so gross wie die Preisdifferenz bei den konventionellen Vergleichsprodukten. Der Anstieg ist vor allem auf einen stark gesunkenen Konsumentenpreis bei Migros und Coop im wettbewerbsintensiven Markt der konventionellen Produkte zurückzuführen. Die beiden Grossverteiler haben damit auf die grossangelegte Fleischpreis-Offensive von Aldi im September reagiert und diverse Fleischprodukte reduziert. Aldi betont, dass die Preisabschläge keinen Einfluss auf die ausbezahlten Produzentenpreise haben werden. Ob dasselbe für die beiden um einiges marktmächtigeren Grossverteiler gilt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Klar ist aber, dass die Verluste durch die teils hohen Preisreduktionen anderweitig kompensiert werden müssen. 

Marktmacht von Migros und Coop blockiert fairere Preise

Die Marktdominanz der Grossverteiler Migros und Coop, die zusammen gegen 80% des Lebensmittelhandels kontrollieren , spielt eine wesentliche Rolle bei der Preisgestaltung. Die Ergebnisse des Preismonitor lassen vermuten, dass die beiden Grossverteiler erheblich von den höheren Preisen bei Bio- und Labelprodukten profitieren, während die Produzenten nur einen geringen Aufpreis erhalten. Dies hemmt nicht nur die Entwicklung eines fairen Marktes, sondern stellt auch ein ernsthaftes Hindernis auf dem Weg zu nachhaltigen Ernährungssystemen dar. Die hohen Preise für Bioprodukte schrecken viele Konsumenten ab und machen den ökologischen Anbau für die Produzenten kaum lohnenswert.

Forderung nach fairer Wertschöpfungsverteilung für politische Debatte

Faire Märkte Schweiz fordert auf Basis dieser Ergebnisse eine gerechtere Verteilung der Wertschöpfung zwischen Handel und Produzenten. Der Wertschöpfungsanteil des Handels bei Bio- und Labelprodukten darf nicht systematisch höher sein als bei konventionellen Produkten. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Biobäuerinnen und -bauern für ihre nachhaltigen Leistungen fair entlohnt werden und dass Bioprodukte für Konsumentinnen und Konsumenten erschwinglich bleiben. 

Auch im Hinblick auf die politische Fairnessdebatte wäre zu hoffen gewesen, dass sich die berechneten Preisrelationen zugunsten der Bauern verbessert hätten. Dies wäre ein wichtiges Signal der Marktpartner an die im letzten Winter demonstrierenden Bauern gewesen. Die Forderung von Faire Märkte Schweiz erhält somit mehr Nachdruck, dass nur mit mehr Transparenz und fairer Wertschöpfungsverteilung die Situation mit unfairen Handelspraktiken und Marktmachtmissbrauch entschärft werden kann. Seitens Migros ist für den FMS zudem entscheidend, dass das Versprechen, Preissenkungen nicht auf die Produzentinnen und Produzenten abzuwälzen, auch wirklich eingehalten wird.

Zur Studie Preismonitor der Fachhochschule Nordwestschweiz im Auftrag von Faire Märkte Schweiz

Grafiken, Bilder und Produktepreistabellen

Folgen:

Weitere Beiträge

Monatsbericht November

Auf den Artikel im letzten Newsletter ‘Gibt es eine «Streitkultur» in der Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft?’ gab es diverse Rückmeldungen. Sie bestärken FMS, mit den bisherigen Aktivitäten für mehr Transparenz und Fairness weiterzumachen. Mit der Aktualisierung des Preismonitors bringen wir wieder etwas mehr Licht in die ‘unfaire’ Preisbildung der Detailhändler, die Label- und Bio-Produkte benachteiligt, dies im Fokusartikel. Bei den Kurzmeldungen berichten wir über die neue Transparenz-Plattform für landwirtschaftliche Vorleistungen, werfen einen Blick ins Bundeshaus und hinter die FMS-Kulissen und stellen ganz am Schluss einen interessanten lokal+fair-Partnerbetrieb aus der Westschweiz vor.

Fairness und Nachhaltigkeit gehören zusammen

Fairness und Nachhaltigkeit gehören zusammen Autor: Dr. Stefan Flückiger, Präsident Faire Märkte Schweiz  Faire Märkte Schweiz hat am 17. November 2024 die Systemanalyse «Wettbewerbsverzerrungen und