FMS-Projektserie: So geht fair. Wie Schweizer Unternehmen Fairness und Transparenz in die Praxis umsetzen
Biofarm – ehrlich. sinnvoll. seit 1972
Faire Märkte Schweiz engagiert sich für faire und transparente Märkte. Was dies in der Praxis von Schweizer Unternehmen im Agrar- und Lebensmittelsektor bedeutet und welche Herausforderungen damit einhergehen können, wird in der Projektserie «So geht fair» beleuchtet. Anhand von inspirierenden Beispielen macht die Serie sichtbar, dass ein Engagement im Bereich Fairness und Transparenz nicht nur machbar, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll ist – und lädt dabei zum Dialog und Nachahmung ein.
Das Unternehmen
Die Biofarm Genossenschaft setzt sich seit über fünf Jahrzehnten für die Förderung des Biolandbaus in der Schweiz ein. Ihr Ziel ist es, den Bioanteil kontinuierlich zu steigern und hochwertige Lebensmittel aus nachhaltiger Landwirtschaft einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Das Unternehmen lässt Getreide, Ölsaaten, Hülsenfrüchte, Spezialkulturen, Obst, Beeren und Nüsse anbauen, verarbeitet diese und vermarktet sie im Gross- und Biofachhandel. Sie probieren auch immer wieder innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Als bio-bäuerlich geprägte Organisation ist ihnen die Nähe zu den Produzent:innen ein zentrales Anliegen. Heute zählt die Genossenschaft rund 45 Mitarbeitende.
Von Anfang an verstand sich Biofarm nicht nur als Handelsplattform, sondern auch als Stimme der Biolandwirtschaft. Sie war an der Gründung von Bio Suisse beteiligt, wirkt bis heute an der Weiterentwicklung der Richtlinien mit und setzt sich auf nationaler Ebene für die Anliegen des Biolandbaus ein. Darüber hinaus unterstützt Biofarm die Produzent:innen durch Beratung und Forschung, etwa bei der Einführung neuer Methoden im Anbau oder bei der Optimierung bestehender Verfahren.
Damit sie ihre Aufgaben langfristig erfüllen kann, arbeitet die Biofarm Genossenschaft gewinnbringend. Sie wird von bäuerlichen wie auch nichtbäuerlichen Mitgliedern getragen und erwirtschaftet Ergebnisse, die nicht auf kurzfristige Gewinne, sondern auf Sicherheit, Stabilität und Weiterentwicklung ausgerichtet sind.
Fairness & Transparenz im Geschäftsalltag
Die Geschäftstätigkeit der Biofarm Genossenschaft richtet sich nach den Grundlagen des fairen Handels. Ihre grösste Stärke, die gleichzeitig einen grossen Einfluss auf faire Handelsbeziehungen hat, ist ihre Vermittlerrolle oder Brückenfunktion zwischen Produzent:innen und Konsument:innen, resp. Marktakteuren. Mit ihren Aktivitäten versucht Biofarm das gemeinsame Verständnis zu fördern und Probleme aktiv anzugehen.
Mit ihren Lieferanten pflegt die Genossenschaft persönliche, oft langjährige Partnerschaften. Ein zentraler Grundsatz lautet: Alles, was angebaut wird, soll auch abgenommen werden. Biofarm übernimmt dabei das Vermarktungsrisiko und schliesst mit den Produzent:innen jährliche Anbauverträge zu transparent kommunizierten Preisen ab. Bei der Preisbildung stützt sich Biofarm – wo vorhanden – auf die Bio Suisse Richtpreise ab. Eigene Marktpreise werden im Sinne der Produzent:innen festgelegt, häufig in direkter Absprache mit ihnen.Als Händlerin von Schweizer Bio-Produkten steht Biofarm in einem intensiven Preiswettbewerb mit Importware. Eigentlich wären derzeit Preiserhöhungen auf Abnehmerseite notwendig, doch unter den aktuellen Marktbedingungen lassen sich diese nur schwer durchsetzen.
Auch beim Thema Mengenflexibilität übernimmt Biofarm Verantwortung: Die Anbauverträge werden auf der Grundlage der bewirtschafteten Flächen und nicht nach fixen Mengen abgeschlossen. So trägt die Genossenschaft das Risiko natürlicher Ernteschwankungen.Können für bestimmte Produkte die entsprechenden Einstandspreise am Markt nicht erzielt werden, übernimmt Biofarm den daraus entstehenden Verlust. Damit der Grosshandel auf eine verlässliche Liefermenge zählen kann, organisiert und übernimmt Biofarm zudem die Lagerhaltung – ein kostenintensives Geschäft. Übermengen werden eingelagert, können aber im Folgejahr eine Reduktion der Anbaufläche nach sich ziehen.
Fairness und Transparenz prägen auch den Umgang mit den eigenen Mitarbeitenden, die das Fundament des Erfolgs bilden. Innerhalb des Unternehmens wird offen mit Themen wie der Lohnschere oder Informationen aus der Geschäftsleitung umgegangen. Die Mitarbeitenden erhalten grosses Vertrauen und Verantwortung, profitieren von einem flachen Hierarchiestil und sind aktiv in die Entwicklung der Genossenschaft eingebunden.
Faire Marktbedingungen & Preisbildung
Im Hinblick auf faire Marktbedingungen legt Biofarm grossen Wert auf Offenheit und Ehrlichkeit in allen Handelsbeziehungen. Von ihren Geschäftspartnern wünscht sich die Genossenschaft mehr Verbindlichkeit – so, wie sie diese selbst gegenüber ihren Lieferanten garantiert. Gerade aufgrund des häufigen Personalwechsels im Handel sei dies heute jedoch schwieriger umzusetzen.
Zentrale Bedeutung hat für Biofarm eine transparente Kommunikation über Preise, Margen und Mengen. Auch ihre eigene Margenstruktur legt die Genossenschaft offen. Bei der fairen Preisbildung ist für sie entscheidend, von den tatsächlichen Produktionskosten auszugehen und darauf aufbauend jedem Akteur in der Wertschöpfungskette einen fairen Preis zu zahlen. So soll gewährleistet werden, dass die Wertschöpfungsanteile aufwandsgerecht ausfallen. Dabei geht es nicht nur um kostendeckende Preise, sondern auch um ausreichende Margen, damit in die Weiterentwicklung der Betriebe investiert werden kann. Nur so lassen sich gesunde, zukunftsfähige Strukturen schaffen, die an kommende Generationen weitergegeben werden können – ein Grundsatz, der genauso für die Betriebe der Lieferanten gilt wie für Biofarm selbst.
Herausforderungen
Biofarm sieht sich aktuell mit diversen Herausforderungen konfrontiert. Der Markt für Tafelobst wird beispielsweise zunehmend herausfordernd. Während der Grosshandel sich fast ausschliesslich auf wenige Sorten konzentriert, besteht im Biofachhandel zwar Interesse an einer grösseren Vielfalt -– die abgesetzten Mengen sind dort jedoch deutlich kleiner. Problematisch ist zudem, dass gerade die gefragtesten Sorten besonders anfällig für Krankheiten sind. Dadurch gerät die Sortenvielfalt immer stärker unter Druck.
Ein Balanceakt bleibt auch der Umgang mit Transparenz: Biofarm setzt stark auf eine offene Kommunikation, muss aber gleichzeitig berücksichtigen, dass zu viel Einblick in die eigene Preisgestaltung zum Beispiel von Mitbewerbern leicht kopiert werden kann.
Eine entscheidende Frage in der Entwicklung von Biofarm war, ob auch Importprodukte ins Sortiment aufgenommen werden sollen – gerade dann, wenn sie in der Schweiz nicht oder nicht in genügender Menge verfügbar sind. Die Sorge war, dass damit eine Konkurrenz zu den inländischen Produkten aufgebaut werden könnte. Man entschied sich dafür, da ein breiteres Sortiment den Absatz der einheimischen Ware erleichtern kann. Jedoch hat das Schweizer Produkt stets Vorrang, und Biofarm engagiert sich auch in der Branche und innerhalb des Bio Suisse-Verbands dafür, dass einheimische Bio-Produkte, sobald sie in ausreichender Menge verfügbar sind, bevorzugt werden. Politisch bleibt das jedoch anspruchsvoll: Mit Importen lassen sich oft höhere Margen erzielen, und fehlender Grenzschutz – etwa bei Hülsenfrüchten – führt zu erheblichen Preisunterschieden.
| Brigit Brunner ist Leiterin Marketing und Verkauf sowie Mitglied der Geschäftsleitung bei der Biofarm Genossenschaft. Hans-Ulrich Held ist Präsident sowie Vorsitzender der Geschäftsleitung. |




