Neue Studie zeigt: Bio-Produkte in der Schweiz werden benachteiligt

Neue Studie zeigt: Bio-Produkte in der Schweiz werden benachteiligt

FMS-Preismonitor 2025: Kleine Fortschritte – aber die Preisschere bleibt weiterhin gross

Wer im Laden zu Bio-Produkten greift, zahlt mehr – doch von diesem Aufpreis kommt bei den Bauern wenig an. Der neu publizierte FMS-Preismonitor 2025 zeigt, dass die Margen für Bio-Produkte ungleich verteilt sind: Während die Konsumentenpreise stabil bleiben oder steigen, sinken die Produzentenpreise – also der Anteil am Verkaufspreis für die Bauern – teils sogar. Besonders betroffen sind Fleisch, Obst und Gemüse. Einzig bei der Milch gibt es einen Lichtblick.

Wer bei Migros oder Coop Bio-Vollmilch kauft, zahlt weniger als im Vorjahr (1). Die Produzenten dagegen bekommen einen mit 4 Prozent leicht höheren Anteil. Die Händler schlagen weniger Marge auf, wodurch mehr Wertschöpfung bei den Bauern bleibt. Die höheren Produzentenpreise wiederum kommen dem Tierwohl zugute, weil sich so bessere Haltungsbedingungen umsetzen lassen. Das zeigen die Ergebnisse der Preismonitor-Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) im Auftrag von Faire Märkte Schweiz.

Anders bei Fleisch: Beim Schweinsnierstück und Hinterschinken verlangen Detailhändler von den Konsumenten im Laden zwei- bis dreimal so viel für das Bioprodukt wie für konventionelle Ware. Vom Ladenpreis des Bio-Hinterschinkens gehen nur 12 Prozent an den Bauern. Denn: Der Bio-Aufpreis für Konsumentinnen beträgt rund 250 Prozent, die Mehreinnahmen der Bio-Bäuerinnen und -Bauern aber nur 52 Prozent. «Das ist stossend, aus Sicht Konsumentenschutz wie aus Sicht der Produzenten», sagt Co-Geschäftsführerin und Projektleiterin Stéphanie Lichtsteiner.

Die aktuellen Ergebnisse des FMS-Preismonitors 2025 machen deutlich: Bioproduzenten erhalten eine zu geringe Entschädigung für ihren Zusatzaufwand in der Produktion, während ein grosser Teil der Wertschöpfung bei Verarbeitung und Handel bleibt. Konsumentinnen und Konsumenten dagegen zahlen nicht nur den Zusatz für Bio mehr – vielmehr schlagen die Grossverteiler auf die meisten Produkte zusätzliche Margen für den Eigenprofit auf Bioprodukte. Bei den grossen Preisdifferenzen sind Bio- und Labelprodukte im Laden benachteiligt.

Die Kaufbereitschaft der Bio-Konsumentinnen wird ausgenutzt, ohne dass Produzentinnen, Umwelt und Tierwohl profitieren. Für viele Bauern ist die Produktion von Bioprodukten damit kaum lohnenswert. «Dieser Missstand erschwert die Transformation hin zu einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung und einer Landwirtschaft, die Umwelt und Tierwohl fördern kann», so Stéphanie Lichtsteiner. 

Starke Preisunterschiede bei Obst und Gemüse

Die grössten Veränderungen zeigen sich bei Äpfeln, Kartoffeln und Karotten. Schweizer Konsumenten zahlen heute für Bio-Äpfel mehr als im Vorjahr, ohne dass Produzenten am Verkaufspreis beteiligt werden. Bei Bio-Kartoffeln ist die Differenz zwischen Konsumenten und Produzentenpreis fast dreimal so hoch wie bei konventionellen Produkten; bei Bio-Karotten beträgt sie 1 CHF statt 20 Rappen. 

Faire Märkte Schweiz begrüsst Preiswettbewerb – solange er nicht auf Kosten der Produzentenpreise geht 

Während die Preisschere zwischen Bio und konventionell weiter aufgeht, gibt es neu bei den Billiglinien (M-Budget, Prix Garantie) eine Annäherung der Grossverteiler zu den Discountern. Teilweise gilt dies auch für Label- und Bioprodukte. Dieser verstärkte Preiswettbewerb ist aus Sicht von Faire Märkte Schweiz zu begrüssen, solange er nicht auf Kosten der Produzentenpreise geht. Trotz wiederholter Versprechen der Detailhändler erfährt der Verein auf seiner Meldestelle immer wieder von Beispielen, in denen die Tiefpreisstrategien die Produzentenpreise mit missbräuchlichen Praktiken unter Druck setzen.

FMS wird diese Entwicklungen im Markt in den kommenden Monaten genau beobachten und falls nötig tätig werden. Denn um die Transformation des Ernährungssystems in Richtung Nachhaltigkeit voranzubringen, braucht es für den Verein dringend faire Produzentenpreise und eine insgesamt transparentere Preisbildung. Nur so können Bioprodukte für Konsumentinnen und Konsumenten erschwinglich werden und gleichzeitig eine umwelt- und tiergerechte Produktion gesichert werden.

FMS-Preismonitorstudie Die Studie dient dazu, die Benachteiligung von Bioprodukten transparent zu machen und dadurch zu beseitigen. Benachteiligung heisst: Die Bereitschaft der Konsumentinnen, für Bio mehr zu bezahlen, wird von den Detailhändlern ausgenutzt, ohne dass die Bio-Bauern mehr Geld für ihre Produkte bekommen. Gleichzeitig sind Bio-Produkte durch den ungerechtfertigten Preisaufschlag unattraktiver, und die Transformation hin zu nachhaltiger Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung wird insgesamt behindert.

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