Session, lokal+fair und der Preis von Fairness-Interventionen – FMS ist auf Zuwendungen angewiesen: Monatsbericht September 2025

Session, lokal+fair und der Preis von Fairness-Interventionen – FMS ist auf Zuwendungen angewiesen: Monatsbericht September 2025

Der September stand ganz im Zeichen von lokal+fair: Mit dem nationalen lokal+fair-Tag am 20. September konnte der FMS und seine Partner bei strahlend schönem Spätsommerwetter einmal mehr zeigen, wie viel Begeisterung, Qualität und Vielfalt in lokal und fair produzierten Lebensmitteln steckt. 16 Anlässe in der ganzen Schweiz haben eindrücklich vor Augen geführt, wie wichtig kurze und direkte Absatzwege, faire Preise und die Nähe zwischen Produzierenden und Konsumierenden sind.

Im Gastbeitrag in der BauernZeitung zieht FMS-Präsident Stefan Flückiger zudem eine ausgesprochen positive Kosten-Nutzen-Bilanz unserer Intervention bei der Weko im Zusammenhang mit der von Coop angekündigten Rückerstattungspflicht von 3 % für Gemüse-, Obst- und Beerenlieferanten. Ein starkes Signal für mehr Fairness im Markt! Gleichzeitig ist klar: Ohne konkrete Rahmenbedingungen wird es künftig noch schwieriger, gegen missbräuchliche Verhaltensweisen marktmächtiger Unternehmen vorzugehen. Die laufende Debatte im National- und Ständerat zur Revision des Kartellgesetzes zeigt deutlich, wie dringend es verbindlicher Regeln bedarf, um die Bildung schädlicher Kartelle und Marktmachtmissbräuche wirksam einzudämmen – wichtig für uns alle, ob im Alltag oder für das Funktionieren unserer Systeme.


Im Fokus

Wie hoch ist der Preis für Fairness-Interventionen?

Wie dem Gastbeitrag in der BauernZeitung entnommen werden kann, fällt die Kosten-Nutzen-Bilanz von Fairness-Interventionen in den Agrar- und Lebensmittelmärkten sehr positiv aus. Doch wie hoch ist ihr Preis? Nehmen wir die erfolgreiche FMS-Intervention bei der Weko gegen Coop: Die dafür eingesetzten Aufwände des FMS belaufen sich auf rund 30’000 Franken. Diese Aufwände müssen durch Einnahmen oder Vergütungen gedeckt werden – wie durch entsprechende Gegenleistung der profitierenden Branche für die von FMS erbrachten Leistungen. Oder müsste 12 Millionen Franken auf dem Preisschild stehen, was dem kalkulierten jährlichen Nutzen für die Gemüse-, Obst- und Beerenproduzenten entspricht, die von der Coop-Rückerstattungspflicht von 3% befreit wurden?

Besorgniserregend ist, dass der FMS bisher nur unvollständig Zuwendungen erhalten hat. Das bedeutet: Dem FMS fehlen genügend Spenden und Zuwendungen für seine Leistungen. Zukünftig werden wir die für eine kleine Organisation wie FMS hohen Kosten von Interventionen gegen unfaire Handelspraktiken nur tragen können, wenn wir mit finanzieller Mitträgerschaft auch aus der Branche rechnen können. Aktuell laufen erste Anfragen bei Verbänden. Fakt ist, dass Zuwendungen an Faire Märkte Schweiz für weitere Interventionen ein grosses Potenzial mit sich bringen, von dem die Landwirtschaft noch weit mehr profitieren kann. Der FMS ist für seine Arbeit auf diese Zuwendungen sowie auf allgemeine Spenden von Stiftungen und Privaten angewiesen – ohne diese können wir unsere Arbeit nicht umsetzen oder fortführen.

Kurzmeldungen

Rückblick nationaler lokal+fair-Tag

Am 20. September fand zum zweiten Mal der nationale lokal+fair-Tag statt. In der ganzen Schweiz luden auf Einladung des FMS lokal+fair-Betriebe an total 16 Anlässen zu Degustationen, Führungen durch die Produktion, der Vorstellung eines neuen Direktvermarktungsprojekt in Luzern oder einem lebendigen Wochenmarkt in Stäfa ein. Das Restaurant Zoe in Bern und die Kantine Hermetschloo in Zürich gestalteten sogar eine ganze lokal+fair-Woche mit kreativen Gerichten aus regionalen Zutaten. Diesjähriger Hauptanlass war ein Erlebnistag auf dem Zürcher Leimbihof: Besucherinnen und Besucher erhielten Einblicke in die Landwirtschaft, trafen Produzierende und genossen Spezialitäten vom Grill sowie Hofladenprodukte. Auch die Politik war vertreten: Stadtrat Andreas Hauri und Bernhard Koch, Leiter Landwirtschaft Grün Stadt Zürich, betonten mit ihren Festansprachen die Bedeutung fairer, lokal produzierter Lebensmittel für die Strategie Nachhaltige Ernährung.

Rückblick Herbstsession: Revision Kartellgesetz und Positives zur Transparenz

In der Revision des Kartellgesetzes droht die Gefahr, dass die Bildung besonders schädlicher Kartelle erleichtert werden soll (KG Art. 5 Abs. 1bis). Damit haben die Wirtschaftsverbände mit ihren Anträgen im Nationalrat Erfolg gehabt. FMS widmete sich auch da dem Lobbying. Der Ständerat hielt dagegen und will nun zuerst Alternativanträge in seiner zuständigen Kommission prüfen. Auf der anderen Seite wird die Regelung zur relativen Marktmacht leider deutlich aufgeweicht (KG Art. 7 Abs. 3). Wir werden nach der Differenzbereinigung in der Wintersession wieder darauf zurückkommen.

Sehr Positives ereignete sich am vorletzten Tag der Herbstsession im Ständerat: Faire Märkte Schweiz hat sich mit früheren Vorstössen schon mehrmals erfolglos für mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette eingesetzt. Nun hat sich die Weisheit vom ‚steten Tropfen‘ erneut bestätigt. Die Parlamentarische Initiative “Für eine wirksame Preisbeobachtung in der Lebensmittelkette” will bei der Preisbildung, den Margen und den Kosten in der ganzen Lebensmittelkette mehr Transparenz schaffen. Nach dem Nationalrat hat nun der Ständerat mit 21 zu 18 Stimmen relativ knapp zugestimmt. Die Initiative wird nun in der Kommission des Nationalrates weiter bearbeitet. Wir werden Sie auf dem Laufenden halten.

So geht fair” mit dem Metzgerhuus in Füllinsdorf

FMS engagiert sich für faire und transparente Märkte. Was dies in der Praxis von Schweizer Unternehmen im Agrar- und Lebensmittelsektor bedeutet, wird in der Projektserie “So geht fair beleuchtet.

Die Metzgerhuus Stadt und Land AG in Füllinsdorf BL wurde 2025 von fünf Metzgerfamilien, dem Metzgermeisterverband beider Basel, der Genossenschaft Basler Metzger und dem Hof Weber gegründet. Als Teil eines kantonalen PRE-Projekts stärkt sie die regionale Wertschöpfung: Schlachtungen erfolgen unter modernen, kleingewerblichen Bedingungen mit Fokus auf Tiere aus der Region, kurzen Transportwegen und Tierwohl. Neben Schlacht- und Zerlegearbeiten bietet das Haus Direktvermarktern, Metzgereien und Gastronomie massgeschneiderte Lösungen sowie einen 24h-Selbstbedienungsladen für Privatkunden. Wöchentlich werden ca. 30 Rinder, 30 Kälber, 100 Schweine und 20 Schafe aus der Region verarbeitet.  Alle Tiere erfüllen mindestens den IP-Suisse-Standard. Transparenz, faire Partnerschaften und vollständige Tierverwertung (nose to tail) prägen den Betrieb. Wir wünschen dem jungen Geschäftsführer Raffael Jenzer viel Erfolg.

lokal+fair-Betrieb: Hans Peter Hediger 

Bei Hans Peter Hediger dreht sich alles um Vielfalt – auf dem Feld wie in der Verarbeitung. Auf seinem Hof wachsen seltene, alte Obstsorten, biologisch und mit grosser Sorgfalt gepflegt. Aus Früchten, Beeren und Obst entstehen vielfältige Produkte, ausgezeichnet mit den Label von Pro Specie Rara, Bio Suisse und Hochstamm Suisse. Erhältlich sind sie im 24h geöffneten Selbstbedienungs-Hofladen oder im Internet. Seit 2000 bewirtschaftet der gelernte Naturschutzexperte zusammen mit seiner Frau und Tochter den Hof und berät zudem zu naturnahen Lebensräumen. Im Rahmen vom diesjährigen nationalen lokal+fair-Tag fanden Führungen durch den Obstgarten und die Produktion sowie ein Schaumosten statt und es gab feine Köstlichkeiten vom Grill. Zum Onlineshop: www.hediger-hp.ch/onlinestore

Hans Peter Hediger und Vorstandsmitglied Werner Locher am nationalen lokal+fair-Tag in Hedingen

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