Auswertung Milchabrechnungen

Auswertung Milchabrechnungen

Die Mechanismen des Milchmarktes gelten als kompliziert. Besonders auffallend ist die Diskrepanz zwischen einem kostendeckenden Milchpreis, dem offiziellen Richtpreis der Branchenorganisation Milch (Theorie) und dem ausbezahlten Milchpreis (Realität) für die Produzenten. Faire Märkte Schweiz (FMS) schafft etwas Übersicht, indem diese Diskrepanz anhand wichtiger Kennzahlen beleuchtet wird.

Ausgangslage

Der Unmut in der Landwirtschaft ist gross, insbesondere in der Milchproduktion, weil dort die wirtschaftliche Situation der Produzenten angespannt und ihre Arbeit pro Stunde sehr schlecht entschädigt wird (nach Buchhaltungsauswertung Agroscope liegt derzeit der Arbeitsverdienst pro Stunde bei einem mittleren Milchbetrieb in der Hügelzogen/Bergzone 1 bei 10.70/h, darin sind die Direktzahlungen des Bundes nicht berücksichtigt).


Bei Faire Märkte Schweiz (FMS) haben sich mehrere Milchbauern gemeldet, die aus Angst vor Konsequenzen durch die Abnehmer nach aussen nicht in Erscheinung treten wollen. FMS hat ihre Unterlagen geprüft und als repräsentativ für die aktuelle Situation in der Milchproduktion beurteilt. Um diese Produzenten zu schützen, wird FMS keine Detailinformationen zu den einzelnen Betrieben nach aussen geben.

Überblick über Milchpreisabrechnungen:

Der effektiv ausbezahlte Milchpreis setzt sich aus einem Basispreis zusammen (Mix aus A-Segment und B-Segment) sowie Zuschlägen (z.B. Gehaltszulagen, Milchzulagen nicht verkäste Milch, Wiesenmilchzuschlag) und Abzügen (z.B. Transport-/Abholpauschale oder Beiträge Produzentenorganisation SMP oder Branchenorganisation BOM). Diese Zahlen variieren bei jedem Milchkäufer. Letztlich bekommen aber alle Milchproduzenten monatlich einen Milchpreis ausbezahlt, der deutlich tiefer als der theoretisch von der BOM ausgehandelte Richtpreis für A-Milch und ebenfalls weit weg von einem kostendeckenden Preis ist, was die folgende Übersicht für die drei Milchproduzenten A, B und C belegt:

Fazit

  • Diskrepanz A-Richtpreis zu Basismilchpreis: Der Basismilchpreis (also der Preis ohne Zu-/Abzüge) liegt bei den konventionellen und IP-Produzenten zwischen 12 bis 22 Rappen unter dem offiziellen A-Richtpreis der Branchenorganisation BOM, was einer Abweichung zwischen 15 und 28% entspricht.
  • Diskrepanz A-Richtpreis zu Preis ausbezahlt: Die ausbezahlten Preise liegen bei den konventionellen und IP-Produzenten zwischen 11 und 20 Rappen unter dem offiziellen A-Richtpreis der Branchenorganisation BOM. Der monetäre Verlust gegenüber dem A-Richtpreis beträgt für die drei Produzenten zwischen 14 und 25%.
  • Diskrepanz ausbezahlter zu kostendeckendem Preis: Im Vergleich zu einem typischen Betrieb nach Buchhaltungsauswertung Agroscope (Vollkostenrechnung ohne Direktzahlungen des Bundes) der Hügelzone/Bergzone 1 liegen die ausbezahlten Milchpreise 56 bis 65 Rappen unter dem kostendeckenden Preisniveau, das einem Arbeitsverdienst von 29.- pro Stunde entsprechen würde. Zwischen 45 bis 52% der Kosten können demnach die drei Milchproduzenten nicht mit den Preisen am Markt decken. Einen Teil davon werden sie mit den Abgeltungen des Bundes decken müssen, die eigentlich für Leistungen der Landwirtschaft für die Allgemeinheit bestimmt sind (Direktzahlungen).

Forderungen von FMS

  • Schliessen der Kluft zwischen Theorie und Realität: Die Richtpreise für A-Milch der BOM sind theoretische Werte, die von den ausbezahlten Preisen stark abweichen. Für die Milchbäuerinnen und Milchbauern ist allein der ausbezahlte Milchpreis entscheidend. Die Direktzahlungen haben einen anderen Zweck und können diese Lücke nicht schliessen. FMS fordert die Abnehmer auf, ihre Milchpreise zu erhöhen, damit die ausbezahlten Preise auch dem von der BOM kommunizierten Richtpreisniveau entsprechen.
  • Transparenz – auch zum kostendeckenden Preisniveau: FMS fordert die Abnehmer auf, ihre Milchpreiskalkulationen transparent zu gestalten, worin insbesondere auch der Vergleich zum kostendeckenden Preisniveau (Vollkosten Agroscope) klar und deutlich ersichtlich wird. Dazu gehört auch, dass transparent gemacht wird, bei welchen Milchprodukten der Rohstoff wie abgerechnet bzw. welcher Milchpreis dafür bezahlt wurde.
  • Keine Lieferungspflicht für Dumping-Milch: Ein grosser Teil der Differenz vom ausbezahlten zum offiziellen A-Richtpreis ist darauf zurückzuführen, dass den Milchproduzenten bis zu 40% der Menge zum B-Preis abgerechnet wird, der bei den vorliegenden Abrechnungen bei einem Preisniveau zwischen 41 bis 51 Rp pro kg liegt (Richtpreis B-Milch März 2024: 55.6 Rp/kg). FMS fordert daher die BOM auf, einen neuen Standardmilchkaufvertrag auszuarbeiten, in welchem die Lieferung von B-Milch freiwillig ist, damit der Milchproduzent nicht verpflichtet ist, Dumping-Milch abzuliefern, was auch aus Nachhaltigkeitsgründen wenig Sinn macht. Damit würde auch die im Jahr 2020 vom Parlament beschlossene Motion WAK-S 19.3952 (im Nationalrat einstimmig bei 1 Enthaltung) endlich korrekt umgesetzt.

Milchgeldabrechnungen Bio
Bei FMS sind auch zwei Milchgeldabrechnungen von Bio-Milchproduzenten eingegangen. Obwohl bei den Biomilchpreisen keine offiziellen Richtpreise festgelegt werden, besteht eine ähnliche Problematik mit hohen Abweichungen zwischen Theorie und Realität:

Produzent D: Basismilchpreis pro kg: 91 Rp. Zuschläge und Abzüge: -14 Rp inkl. Deklassierungsbeitrag von -5 Rp/kg. Preis ausbezahlt pro kg: 77 Rp. Differenz zum Basismilchpreis pro kg: -14 Rp.

Produzent E: Basismilchpreis pro kg: 93 Rp. Zuschläge und Abzüge: -11 Rp inkl. Deklassierungsbeitrag von -5 Rp/kg. Preis ausbezahlt pro kg: 82 Rp. Differenz zum Basismilchpreis pro kg: -11 Rp.

Fazit: Bei den beiden Abrechnungen für Biomilch weichen die effektiv ausbezahlten Preise zum Basismilchpreis zwischen 11 und 14 Rp pro kg ab, was einer Einbusse zwischen 12 bis 15% entspricht. Ausserdem liegen bei diesen Betrieben die ausbezahlten Milchpreise 94 bzw. 99 Rappen unter dem kostendeckenden Milchpreisniveau (ohne Berücksichtigung Direktzahlungen des Bundes), was einer Abweichung von 44 bis 47% entspricht.

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