Neue Analyse zeigt: Viele Lebensmittel-Label fallen durch – Faire Bedingungen für Bauern bleiben oft auf der Strecke
Eine neue Analyse des 2023 gegründeten Vereins Faire Märkte Schweiz zeigt: Ein Drittel der Nachhaltigkeitslabels im Schweizer Lebensmittelmarkt ignoriert das Thema Fairness vollständig – mit Folgen für bäuerliche Existenzen, Marktgerechtigkeit und die Glaubwürdigkeit von Nachhaltigkeitsmehrwerten. Für den Verein sind dringend klare, verbindliche Kriterien nötig, damit Fairness nicht nur ein Labelversprechen bleibt, sondern Realität wird.
Grosse Unterschiede bei Fairnesskriterien – klare Leitplanken fehlen
Untersucht wurden 28 Nachhaltigkeits-Labels sowie Herkunfts- und Qualitätsstandards. Die Ergebnisse sind ernüchternd: Während einige Programme faire Preise, langfristige Abnahmegarantien und partnerschaftliche Zusammenarbeit aktiv fördern, fehlt bei vielen jeglicher Bezug zu fairen Handelsbeziehungen – weder in Richtlinien, noch in der Kommunikation oder Umsetzung.
Dabei ist Fairness und Transparenz mehr als ein ethischer Anspruch: Gerechte Preise und verlässliche Rahmenbedingungen sind zentral für die Einkommensituation von Landwirtschafts- und auch Gewerbebetrieben. Wichtig in diesem Kontext ist, dass den Betrieben nicht nur faire Preise zugesichert werden, sondern gleichzeitig auch attraktive Absatzmengen garantiert werden können.
Labels bieten Orientierung – aber oft ohne soziale Substanz
Labels sollen Konsumentinnen und Konsumenten Orientierung geben und Produzentinnen und Produzenten ermöglichen, sich über nachhaltige Praktiken abzuheben. Doch bislang existieren kaum einheitliche Definitionen oder Indikatoren für Fairness und Transparenz im Schweizer Kontext. Diese Unschärfe macht Vergleiche schwer, fördert Intransparenz – und gefährdet das Vertrauen in Nachhaltigkeitsversprechen.
Positive Beispiele zeigen: Es geht auch anders
Einige Labels beweisen, dass Fairness machbar ist. Sie setzen auf eine transparente Mehrwertabgeltung, verbindliche Verträge, unabhängige Schlichtungsstellen und echte Mitbestimmung der Produzent:innen. Diese Programme schaffen nicht nur soziale Gerechtigkeit, sondern auch Stabilität entlang der Wertschöpfungskette.
Faire Märkte Schweiz fordert: Klare Regeln für echte Fairness
Die Studie von Faire Märkte Schweiz zeigt: Ohne einheitliche Leitplanken bleibt Fairness ein leeres Schlagwort. Der Verein fordert deshalb einen breit abgestützten Dialog über verbindliche Standards für faire Handelsbeziehungen – mit klaren Kriterien wie Preisgestaltung, Vertragslaufzeiten, Planungssicherheit und Markttransparenz. Transparente Fairnesskriterien leisten auch einen Beitrag zur Kostenwahrheit, indem verdeckte Kosten sichtbarer werden, die bei der Preisbildung über den Markt nicht abgegolten werden. Nur so könne ein Ernährungssystem entstehen, das soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit ebenso ernst nimmt wie ökologische Nachhaltigkeit, so Co-Geschäftsführerin und Projektleiterin Stéphanie Lichtsteiner.
Infobox
Die Analyse von Faire Märkte Schweiz zeigt deutlich, dass Fairness in vielen bestehenden Labels und Standards noch unzureichend verankert ist. Ohne klare und verbindliche Leitplanken bleibt der Begriff vage – mit spürbaren Folgen für Marktgerechtigkeit, Preisstabilität und die Zukunft bäuerlicher Betriebe. Deshalb braucht es jetzt einen breit getragenen Dialog über faire Bedingungen in der Schweizer Landwirtschaft sowie glaubwürdige, transparente und klar verständliche Anforderungen für ein “Fairtrade” im Schweizer Kontext. Aspekte wie Preisgestaltung, Markttransparenz, verlässliche Vertragslaufzeiten und Planungssicherheit müssen verbindlich geregelt werden, damit Fairness nicht nur ein Anspruch bleibt, sondern messbar und wirksam wird. Nur wenn soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit ebenso ernst genommen werden wie ökologische Nachhaltigkeit, kann ein zukunftsfähiges Ernährungssystem entstehen – fair für alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette. |