Kommissionsentscheid: Bundesrat und Verein FMS warnen vor versteckten Subventionen im Getreidegeschäft

Bundesrat und Verein FMS warnen vor versteckten Subventionen im Getreidegeschäft

Medienmitteilung

Bern / Zürich, 26. Oktober 2023Versteckte Subventionen in Millionenhöhe: Diese liessen sich jahrzehntelang auf dem Getreidemarkt erschleichen. Auf Anfang Jahr wurde die Regelung als widerrechtlich beurteilt und vom Bund beendet. Nun will die Motion Knecht das frühere Regime wieder etablieren. Der Bundesrat empfiehlt diese zur Ablehnung. Auch der neugegründete Faire Märkte Schweiz macht sich für eine Ablehnung der als verfassungswidrig taxierten Motion stark.

Kommenden Montag steht eines der bedeutsamsten Geschäfte im Schweizer Getreidemarkt auf dem Programm der Wirtschaftskommission des Nationalrats: Auf Anfang diesen Jahres beendete der Bund eine jahrzehntelange Praxis im Getreidemarkt, mit der sich versteckte Subventionen in Millionenhöhe generieren liessen (1). Gemäss Bundesrat handelt es sich beim beantragten System um eine versteckte Subvention, welche das Subventionsgesetz unterläuft und klar im Widerspruch zur Wirtschaftspolitik des Bundes steht (2), und die den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung der Konkurrenten verletzt. Er empfiehlt die Motion zur Ablehnung (3).

Der von Agrarökonomen und Wirtschaftsexperten neugegründete Verein Faire Märkte Schweiz (FMS) unterstreicht die Empfehlung des Bundesrats. Die Motion Knecht sei unbedingt abzulehnen. Die Motion begünstige einzelne Unternehmen mit Millionen Franken pro Jahr. Es dürfe keine als widerrechtlich und wettbewerbsverzerrend erkannte Regelung auf gesetzlicher Grundlage eingeführt werden.

Trotz der Taxierung als widerrechtlich hatte der Ständerat dem Geschäft zugestimmt. Nun liegt es am Nationalrat, die Wiedereinführung der widerrechtlichen Regelung abzulehnen. Gemäss Faire Märkte Schweiz ist dies dringend nötig: Das aufgehobene Regime widerspricht öffentlichen Interessen und entzieht dem Staat durch die Begünstigung einzelner Unternehmen Steuereinnahmen in Millionenhöhe.

In der Folge hatte der Bundesrat bereits 2021 eine Aufsichtsbeschwerde gegen das EFD gutgeheissen. In den Erwägungen des Entscheids hatte der Bundesrat unter anderem festgestellt, dass die Mindestausbeute von 55% deutlich zu tief ist und übergeordnetes Recht verletzt. «Dass die Motion Knecht, nachdem die Ausbeutenorm entsprechend angehoben wurde, das frühere Regime wieder etablieren will, muss dringend gestoppt werden», sagt FMS-Präsident Stefan Flückiger.

Zudem ist für den Verein dringend angezeigt, die Mechanismen und verdächtigen Systemgewinne auf dem Markt für Getreide, insbesondere für Backmehl, mittels einer wettbewerbsrechtlichen Untersuchung abzuklären.

Details zum Hintergrund im Faktenblatt hier (pdf). Auszug:

  • Weil nur 55% Mehl zu Stärke verarbeitet werden muss (sog. Ausbeutenorm), kann mit der Umgehung der Verzollung (CHF 23.00/dt bzw. CHF 40.00/dt) ein Quersubventionierungsregime betrieben werden. Die effektive Ausbeute liegt bei 75% bis 80%, so dass die Differenz von mindestens 20% bis 25% als Backmehl faktisch zollfrei auf dem geschützten Brotgetreidemarkt abgesetzt werden kann (rund 15’000 To).
  • An diesem Handel profitieren v.a. die Grossmühlen, weil sie durch die enormen Volumen ihre Betriebe auslasten können. Ausserdem können sie dadurch bis zu CHF 6 Millionen «Zollrenten» einstreichen. Gemäss Bundesrat handelt es sich bei diesem System um eine versteckte Subvention. Sie verletzt den verfassungsmässig verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung der Konkurrenten. Der Bundesrat lehnt die Motion Knecht ab.
  • Profit machen von diesem Regime können Einzelne. Sie verschaffen sich durch die Umgehung von Schutzzöllen wirtschaftliche Vorteile zulasten der Kleinmühlen. In der Schweiz vermahlen die sieben grössten Mühlen 90% des Getreides. Die KonsumentInnen profitieren aufgrund der faktisch zollfreien Importe nicht von tieferen Preisen für Brot oder Fertigteige, sondern bezahlen für eine sogenannte Querstützung. Bauern ihrerseits entgeht Vermarktungspotenzial für Schweizer Getreide. Die Getreideproduzenten werden durch faktisch zollfreie Importe konkurrenziert. Fallen in guten Getreidejahren Übermengen an, müssen diese von Brotgetreide zu Futtergetreide deklassiert werden. Diese Entlastungsmassnahme müssen die Getreideproduzenten dann selber finanzieren. 
 
 
Unterstützung: Pa. Iv. Pasquier-Eichenberger. Für eine wirksame Preisbeobachtung in der Lebensmittelkette (22.477)
FMS unterstützt ausserdem das folgende WAK-N Geschäft:
 
FMS hat mit der jüngst vorgestellten Studie „Neuer Preismonitor zeigt: Preispolitik in der Schweiz ist nicht nachhaltig“ erneut aufgezeigt, dass mit künstlich hohen Preisdifferenzen die Konkurrenzfähigkeit von Bioprodukten gegenüber Standardsortimenten beträchtlich reduziert wird. Ebenso liegt eine unfaire Wertschöpfungsverteilung vor, indem Bäuerinnen und Bauern kaum an den höheren Preisen beteiligt werden. Deshalb ist die parlamentarische Initiative von NR Pasquier-Eichenberger gutzuheissen und die Marktbeobachtung entsprechend auszubauen.
 

Für weitere Informationen:

 

Für Auskünfte:

(1) Link zum Faktenblatt Motion Knecht (.pdf)
(2) Diese Auffassung vertrat der Bundesrat bereits mit seiner formellen Entscheidung vom 5. März 2021 in Gutheissung einer Aufsichtsbeschwerde gegen das EFD.
(3) Parlament Amtliches Bulletin „Motion Knecht“

Folgen:

Weitere Beiträge

Ein Meilenstein, neue Umfrageergebnisse und alles zum 20. September: FMS-Monatsbericht August 2025

Es ist ein Meilenstein im Engagement von Faire Märkte Schweiz: Coop lenkte ein – den Produzentinnen und Produzenten bleiben 12 Millionen Franken Rückerstattung an Coop erspart. Dies belegt, dass die Kosten-Nutzen-Bilanz von Fairness-Interventionen in den Agrar- und Lebensmittelmärkten ausgesprochen positiv ausfällt: Mit unserem Einsatz im Umfang eines tiefen fünfstelligen Betrages konnten wir 12 Millionen für fairere Handelsbeziehungen herausholen. Viele Betriebe haben sich spontan und mit sehr positiven Rückmeldungen bei uns gemeldet. Ihre Botschaft war eindeutig: FMS sollte für sein Engagement künftig von der Landwirtschaft auch finanziell unterstützt werden. Dafür braucht es mehr Rückhalt von offizieller Seite – zum Beispiel von den zuständigen Produzentenorganisationen. 

Nationaler lokal+fair-Tag auf dem Leimbihof – Samstag, 20. September 2025, ab 10.00 Uhr, mit Erlebnisprogramm & Grusswort von Stadtrat Andreas Hauri und Gästen

Mitmachen, entdecken, geniessen
Von 10.00 bis 17.00 Uhr öffnen sich die Hoftore: Besuchende und Medienschaffende erwartet ein vielfältiges Programm – vom Blick hinter die Kulissen der Landwirtschaft über den direkten Austausch mit Produzentinnen und Produzenten bis zu kulinarischen Genüssen vom Grill und Produkten aus dem Hofladen. Für Kinder gibt es Spiel und Spass mit Hüpfburg und die Möglichkeit, den eigenen Süssmost zu pressen und nach Hause zu nehmen.

lokal+fair Tag 2025 – Events

Im Rahmen vom Nationalen lokal+fair Tag laden Restaurants, Hofläden, Produzierende und Märkte in der ganzen Schweiz dazu ein, lokale Köstlichkeiten zu entdecken und nachhaltige Genussmomente zu erleben. Hier finden Sie alle Veranstaltungen im Überblick: