Monatsbericht Dezember 2023

Faire Märkte Schweiz (FMS) ist noch nicht ein halbes Jahr alt, und gerade am Anfang wollten wir wissen, wie die Bevölkerung unser Wirken einschätzt und wie sie die Problematik beim Themenbereich „Fairness“ einstuft. Wir berichten darüber im Schwerpunkt. Sie werden erstaunt sein, wie wichtig unsere Rolle eingestuft und wie gross der Handlungsbedarf für die Bevölkerung für dieses neue Themenfeld eingeschätzt wird. Wir freuen uns sehr, dass wir uns bei der Lancierung der Fairness-Debatte auf die grosse Unterstützung der Bevölkerung abstützen können.

Bei den Kurzmeldungen berichten wir über das Nein im Nationalrat zu den intransparenten Quersubventionierungsgeschäften zugunsten von wenigen System-Profiteuren, über die Definition von „Fairness“ im Marktkontext und über unsere Strategie „Partnerschaften“, die uns neue Möglichkeiten gibt, mit anderen institutionellen Akteuren und Organisationen zusammenarbeiten.

Bald ist Weihnachten, die Zeit zum Innehalten und Gutes zu tun. Gerne stellen wir Ihnen am Schluss unsere Unterstützungsformen vor, wie Sie unsere Arbeit für Fairness und Transparenz im neuen Jahr unterstützen können. Wir danken Ihnen für Ihr Interesse und wünschen Ihnen eine interessante Lektüre und frohe besinnliche Festtage.


Im Fokus
Demoscope

Der Verein Faire Märkte Schweiz (FMS) ist sehr daran interessiert, den Handlungsbedarf im Austausch mit der Bevölkerung und relevanten Zielgruppen zu definieren. Deshalb hat Demoscope im Auftrag von FMS in der zweiten November-Hälfte eine Online-Befragung mit einer repräsentativen Verteilung in allen Sprachgebieten durchgeführt. Die Ergebnisse sind sehr erfreulich.

Bekanntheit FMS: Bereits 12% (!) der Schweizerinnen und Schweizer kennen „Faire Märkte Schweiz“, was nach der fünfmonatigen Startphase ein hervorragender Wert ist, der üblicherweise nach mehreren Jahren erreicht werden kann. In der Westschweiz liegt der Wert sogar bei 15%. Bei den Frauen und den jüngeren Zielgruppen war der Prozentsatz am höchsten. Die in der Umfrage geschilderten Erwartungen waren sehr wertvoll, um die Ausrichtung der fünf strategischen Ziele zu bewerten.

Marktmacht: Viele sind sich der Dimensionen bei den Grössenverhältnissen im Lebensmitteldetailhandel nicht bewusst. Der Mittelwert der Nennungen liegt bei 67%, wobei auch dort die Westschweizer und Frauen höhere Werte geschätzt haben. Die effektiven Marktanteile von Migros und Coop bei heute rund 80% wurden deutlich unterschätzt. Demgegenüber ist man sich der Problematik von missbräuchlichem Verhalten sehr wohl bewusst: Bei jener Kontrollgruppe lag der Wert mit „Problematik gross“ und „sehr gross“ mit 74% am höchsten, bei welcher die Konsequenzen v.a. gegenüber den Bauern (Preisdrückerei bei Einstandspreisen) erwähnt wurden.

Wichtigkeit von FMS: 82% gaben mit „sehr wichtig“ oder „wichtig“ an, dass es eine Organisation wie Faire Märkte Schweiz braucht, die sich für Fairness im Markt und gegen den Missbrauch von Marktmacht einsetzt. Bei der Kontrollgruppe, wo FMS als Ergänzung zum Preisüberwacher seine Rolle wahrnehmen soll, lag der Wert sogar bei 86% am höchsten.

Rolle des Staates: 75% antworteten mit „ja, sicher“ und „ja, eher“, dass der Staat bei nicht gut funktionierenden Märkten eingreifen soll. Als Beispiel wurden die Label- und Biomärkte genannt, wo die Preise im Vergleich zu den Standardprodukten künstlich hoch gehalten werden und damit die Transformation hin zu nachhaltigen Ernährungssystemen blockiert wird. Der Staat hat demzufolge in Fällen von Marktversagen seine Rolle als Regulator wahrzunehmen.

Fazit: Aufgrund der Umfrage sieht sich FMS mit seinen Forderungen bestärkt, sich für faire Märkte und mehr Transparenz zu engagieren, Markt- und Wettbewerbsverzerrungen aktiv aufzuzeigen und diese zu bekämpfen. Mit gezielten Kampagnen soll der Fokus direkt auf missbräuchliche Verhaltensweisen marktmächtiger Unternehmen gelegt werden. Mit der Meldestelle werden wir weiterhin Bauern und Bäuerinnen unterstützen, sich für ihre Rechte und eine faire Austauschbeziehung mit anderen Marktteilnehmenden einzusetzen.


Kurzmeldungen
Nationalrat sagt nein zur Motion Knecht und damit Nein zu versteckten Subventionen im Getreidemarkt (mehr in der Medieninformation auf dem Blog hier)

Der Ständerat hiess vor einigen Monaten die Motion Knecht mit 41 Stimmen von 43 gut. Gemäss einem Lobbying-Grundsatz ist es dann praktisch nicht mehr möglich, den Nationalrat vom Gegenteil zu überzeugen. Und trotzdem hat FMS diesen Auftrag angenommen und ist mit fundierten Daten und Argumenten an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier sowie die Fraktionen herangetreten. Auf der Basis vieler Gespräche und im direkten Austausch mit vielen Exponentinnen und Exponenten haben wir es geschafft, dass der Nationalrat diese Woche die Motion Knecht mit 93 zu 86 Stimmen bei 7 Enthaltungen versenkt hat. Die Ablehnung ist ein wichtiger Schritt hin zur Etablierung von transparenten und fairen Agrar- und Foodmärkten in der Schweiz.

Fairness-Selfcheck zur Frage “Was ist fair?”

Die letzten Jahre haben bestätigt, dass sich die Marktmachtfrage und in diesem Zusammenhang die Fairnessthematik  zugespitzt hat. Kleine und mittlere Abnehmende und Zulieferende von relativ marktmächtigen Unternehmungen stehen immer stärker unter Druck. FMS hat zudem in verschiedenen Studien und Dokumenten aufgezeigt, dass die Preisbildung in diversen Bereichen der Landwirtschaft nicht fair ist. Fairness in den Märkten setzt nicht nur faire Lieferbeziehungen voraus, sondern auch eine faire Verteilung der Wertschöpfung innerhalb der Lieferkette. Doch was versteht FMS unter dem Begriff “Fairness”? Dabei konzentrieren wir uns in einer ersten Phase auf zentrale Fragen in Zusammenhang mit dem Verkauf von Agrar- und Lebensmittelerzeugnissen. In diesem Kontext haben wir einen Katalog von verschiedenen Punkten zusammengestellt, bei denen bei den Bäuerinnen und Bauern der Schuh am meisten drückt. In den nächsten Wochen werden wir diese Punkte mit Expertinnen und Experten, aber v.a. auch mit Produzentinnen und Produzenten evaluieren. Danach sollen sich alle Bäuerinnen und Bauern mit dem Selfcheck ein Bild machen können, ob sie Handelspraktiken ausgesetzt sind, die problematisch oder sogar verboten sind.

Mitgliedschaften und Partnerschaften

Der FMS arbeitet mit Akteuren aus verschiedenen Bereichen zusammen zur Stärkung der gegenseitigen Ziele sowie zur Entwicklung gemeinsamer Massnahmen. Institutionen, Organisationen und Unternehmen können bei Faire Märkte Schweiz Gönner oder Mitglied werden, wenn sie das Engagement von FMS mit einem finanziellen Beitrag unterstützen wollen. Gleichzeitig gibt es Akteure, die eher für eine punktuelle Zusammenarbeit oder ein Zusammenwirken auf fachlicher Ebene wünschen. Der Vorstand von FMS hat entschieden, solche Organisationen einzuladen, mit uns eine Partnerschaft einzugehen, damit wir zusammen die Themen wie Transparenz und Fairness voranbringen können. Mehr Informationen HIER.


Unterstützungsmöglichkeiten & Spenden

FMS ist sehr erfolgreich gestartet, das lässt sich auch an den vielen Zuschriften, Motivationsschreiben, Mitgliedschaften und Gönnerbeiträgen messen, die bei uns aus allen Kreisen der Bevölkerung eingehen. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken. Gleichzeitig ist dieser Auftrag für faire Märkte in der Schweiz, im Interesse aller Akteure, mit dem Aufbau von professionellen Strukturen und Kompetenzen sowie einem entsprechenden Ressourcenbedarf verbunden. Deshalb stellen wir Ihnen gerne die Unterstützungsmöglichkeiten vor, wie Sie sich an unserer Arbeit für Fairness und Transparenz beteiligen können: www.fairemaerkteschweiz.ch.

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