Monatsbericht September

Monatsbericht September 2024

Bei unseren Aktivitäten im Markt konnten wir im September wunderbare Erfolge erzielen, wie zum Beispiel die Lancierung des 1. nationalen Direktvermarktungstags lokal+fair. Demgegenüber verliefen unsere Aktivitäten in der Politik etwas harziger. Zwar starteten unsere politischen Geschäfte im August mit dem Empfang einer Delegation von Faire Märkte Schweiz bei Bundesrat Parmelin höchst erfreulich. Bundesrat Parmelin anerkennt, dass unsere Themen Transparenz und Fairness wichtige Anliegen sind, die in die AP2030+ einfliessen werden. In der Herbstsession hatte dann der Ständerat kein Gehör für unsere Themen. Erfreulich verlief es dagegen im Nationalrat.

Zusätzlich informieren wir in diesem Newsletter über die derzeitige Preisoffensive im Fleischmarkt und die möglichen Konsequenzen für die Produzenten, wir machen ein Update von unserer Anzeige bei der Weko und berichten über die Megafusion im Belieferungsgrosshandel der Gastronomie und die Forderungen von FMS an die Weko. Ganz am Schluss stellen wir Ihnen einen lokal+fair-Betrieb vor, der sich am Direktvermarktunganlass in Stäfa stark engagierte.


Im Fokus

Erster nationaler Direktvermarktungstag lokal+fair des FMS

Am 14. September fand der erste nationale Direktvermarktungstag lokal+fair von Faire Märkte Schweiz statt. Mit dem Direktvermarktungstag sensibilisierte der FMS die Bevölkerung für den lokalen und fairen Einkauf bei sich im Ort und brachte Betriebe und Konsumentinnen und Konsumenten zusammen: beim lokalen Gewerbe, im Restaurant oder bei der lokalen Bauernfamilie. In Regionen in der ganzen Schweiz öffneten Bäuerinnen und Bauern, Restaurants und Gewerbebetriebe ihre Türen, boten Einblicke und Degustationen an und ermöglichten den Besuchenden, lokale und faire Produkte direkt kennenzulernen.

Eröffnet wurde der nationale Direktvermarktungstag lokal+fair 2024 in Stäfa am Zürichsee mit Vertretenden aus Politik und Wirtschaft: Nationalrat Martin Haab, lokal+fair-Pionier Martin Jucker, Gemeinderätin Andrea Kuhn-Senn, Bezirksgewerbeverband-Vizepräsident Marc Schlumberger und Marcus Bosshard, Präsident Verein lokal+fair Stäfa, gemeinsam mit FMS-Präsident Stefan Flückiger. Sie betonten die Wichtigkeit direkter Vertriebswege, um faire Preise für Produzenten zu gewährleisten und regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken. Der Anlass war mit rund 150 Personen bei der Eröffnung und gegen 500 Personen am Markt ein voller Erfolg, und wir freuen uns bereits auf den nationalen Direktvermarktungstag 2025. Ein Bericht findet sich auf unserer Webseite hier oder in Medienberichten wie hier von der BauernZeitung oder in weiteren Berichten wie im ‘Countryside’ oder im Moneycab, weiteres Bildmaterial gibt es direkt auf der lokal+fair-Plattform hier.

Ein weiterer Höhepunkt im lokal+fair-Projekt fand Ende August statt mit der Verleihung des lokal+fair-Award an die Gemeinden Uster und Wädenswil. Nachzulesen auf unserem Blog, bei den Gemeinden oder in diversen Medienberichten, z.B. hier oder hier.

Kurzmeldungen

Fleisch: Preisoffensive auf Kosten der Produzenten? Co-Geschäftsführerin und Projektleiterin Stéphanie Lichtsteiner berichtet

Ende August kündigte der Discounter Aldi an, die Preise im Fleischsortiment dauerhaft stark zu senken. Kurze Zeit später folgte die Konkurrenz im Discount und Detailhandel (NZZ am Sonntag berichtete, weitere Berichte zum Thema auch im Blick, u.a. hier oder hier). Auch die Erhebungen, die Faire Märkte Schweiz systematisch mit dem Projekt Preismonitor durchführt, zeigen, dass bei der Produktkategorie Fleisch an diversen Stellen ein Preiskampf erkennbar ist. Dies betrifft sowohl die Billigpreislinien wie auch die Label-Produkte. Unklar bleibt, wie sich diese Preisspirale auf die Fleischproduzenten auswirken wird. Aldi betont zwar, dass die Anpassungen der Verkaufspreise keine Auswirkungen auf die Produzentenpreise haben werden. Es ist jedoch zu bezweifeln, dass das langfristig auch für die Konkurrenz gilt. Insbesondere die Migros könnte im Zuge ihrer neuen Einkaufsstrategie durch ihre Marktmacht Druck ausüben. Faire Märkte Schweiz wird die Entwicklung der Produzentenpreise in den nächsten Wochen genau beobachten. Dies ist in der jetzigen Phase besonders wichtig, weil die Mengen und Labelpreiszuschläge für das Jahr 2025 verhandelt werden.

Herbstsession: FMS kommt politisch voran – es gab auch Rückschläge

Wie im Newsletter vom August angekündigt wurden in beiden Räten verschiedene Vorstösse mit unseren Themen Fairness und Transparenz debattiert. Dies ist ein sehr positives Zeichen, wenn wir es mit unseren Themen gleich mehrfach in die politische Debatte der beiden Räte schaffen.

Ständerat

Enttäuschend verlief die Debatte zu den gleichlautenden Motionen von Giacometti Anna und Munz Marina “Förderung regionaler Schlachtkapazitäten zur Vermeidung langer Tiertransporte”. Darin ging es nicht nur ums Tierwohl (Tiertransporte), sondern v.a. auch um die Erhaltung dezentraler Schlachtkapazitäten. Mit der Ablehnung verpasste der Ständerat die Chance, die Konzentration der Schlachtstrukturen zu bremsen. Heute werden je nach Tierkategorie über 80% der Tiere in den grossen Schlachthöfen der Grossverteiler im zentralen Mittelland geschlachtet. Diese Monopolisierung verhindert eine sichere und regionale Lebensmittelversorgung sowie den Wandel hin zu nachhaltigen und tiergerechten Ernährungssystemen.

Ebenso verwarf der Ständerat die Motion von Schneider Meret “Stärkung der Direktvermarktung”. Für FMS sehr bedauerlich, weil dies der Stossrichtung unseres Projektes lokal+fair entspricht. Damit hätte das Absatzkonzept mit kurzen Transportwegen unterstützt werden sollen, was eine Alternative zum Verkauf über den Grosshandel ist. Unsere Reaktion hier. Sehr schmerzhaft war zudem die deutliche Ablehnung der Motion von Nationalrätin Munz “Mit Marktbeobachtung mehr Transparenz in Agrarmärkten”. Der Ständerat wollte nichts wissen von mehr Transparenz und verwies darauf, dass mit ähnlichen Vorstössen dieses Anliegen abgedeckt sei.

Nationalrat

Überaus erfreulich war die Annahme der Motion von Nationalrätin Munz für mehr Markt- und Margentransparenz. Sie stärkt so die landwirtschaftliche Position bei den heute ungleichen Machtverhältnissen. Unsere erste Reaktion ist zu finden unter anderem auf LinkedIn.

Ebenfalls hocherfreut ist die sehr deutliche Zustimmung zur Motion von Nationalrat Rüegsegger. Sie ermöglicht, dass die Produzenten gegenüber ihrer hochkonzentrierten Abnehmerseite eine “Gegenmacht” aufbauen und so fairere Preise erzielen können. Beide Motionen gehen nun in den Ständerat.

Leider zieht sich Nationalrätin Munz nun aus dem Parlament zurück. Dies ist für den FMS ein grosser Verlust. Sie hat sich immer wieder für unsere Themen engagiert und uns zu Mehrheiten verholfen. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an Martina Munz für die grossartige Unterstützung und alles Gute für ihre Zukunft.

FMS-Anzeige bei der Weko

Im Markt für Getreide hat FMS mit der Anzeige bei der Weko verschiedene Systemfehler und Wettbewerbsverzerrungen aufgedeckt, die von Systemprofiteure missbraucht werden (siehe Newsletter vom Mai). Im Fokus stehen die Ausnutzung von Marktmacht von Grossmühlen wie Swissmill (Division von Coop) und Groupe Minoteries sowie Migros und Coop.

Die Wettbewerbskommission teilte FMS mit, die Anzeige im Rahmen einer Marktbeobachtung zu prüfen. FMS fordert die Weko auf, die wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen mittels einer Sektoruntersuchung und der weiteren zur Verfügung stehenden Instrumente kartellrechtlich zu untersuchen. Dass die Weko diesem Fall noch keine höhere Dringlichkeit beimisst, ist unverständlich – und bedauernswert.

FMS wurde bisher von der Weko nicht über die Aktivitäten zur Marktbeobachtung orientiert. Aus der Branche wurde FMS jedoch überraschend zugetragen, dass aus der Weko zu vernehmen sei, dass die beobachteten Unternehmen nichts zu befürchten hätten. Sollte das richtig sein, wäre es fragwürdig und inhaltlich nicht nachvollziehbar. FMS prüft deshalb, welche rechtlichen und politischen Schritte unternommen werden können, damit die angezeigten Wettbewerbsbeschränkungen eine höhere Priorität bekommen.

Marktmacht auch im Gastrogrosshandel – Weko interveniert nicht

Im Belieferungsgrosshandel für die Gastronomie fand kürzlich eine Megafusion statt. Der Branchenriese Transgourmet (Coop) hat die Saviva (HEBA Gruppe, früher Migros) übernommen. Die Wettbewerbskommission hat den Fall während einem Monat vorläufig geprüft und erachtet eine vertiefte Prüfung für nicht erforderlich. Sie vertraut auf die Angaben der Parteien, die den Marktanteil der fusionierten Firmen auf 10-20% schätzen.

FMS hat diverse Gespräche mit Branchenkennern geführt und kommt auf einen relevanten Gesamtumsatz von rund 5 Mrd. Gemäss Handelszeitung vom 12.9.2024 hat Transgourmet einen Umsatz von CHF 1.8 Mrd. und Saviva von 300 – 350 Mio., was neu einem Marktanteil von über 40% entspricht. Damit muss Transgourmet als mindestens marktmächtig (>30%) oder in gewissen Regionen sogar als marktbeherrschend (>50%) eingestuft werden. Vielerorts werden die Gastronomen gar nur noch einen Lieferanten zur Verfügung haben und somit von diesem abhängig sein.

Wir fordern die Weko auf, ihren Entscheid zu revidieren. Dabei sollten insbesondere eigene Marktabklärungen getroffen und die Marktteilnehmer zur Stellungnahme aufgefordert werden. Die neue Beurteilung sollte auch Massnahmen vorsehen, damit die Gastwirtschaft nicht Marktmachtmissbrauch oder unfairen Handelspraktiken ausgeliefert ist. Faire Märkte Schweiz unterstützt die Gastwirte bei Verdacht auf Marktmissbrauch und kämpft für fairen Wettbewerb im Gastgewerbe.

lokal+fair-Betrieb im Schaufenster:  Biohof Püntacher Stäfa

Nach dem gelungenen Direktvermarktungstag lokal+fair in Stäfa rund ums Stäfner Getreide gibt es nun einen Blick hinter die Kulissen: Wer waren die Produzierenden, was treibt sie an und wo finden wir ihre Produkte? Der wunderbar gelegene Biohof Püntacher in Stäfa wird von Severin und Cornelia Zollinger betrieben, die ihre Produkte zum grössten Teil über den Hofladen direkt und den wöchentlichen Wochenmarkt in Stäfa vermarkten. Wichtige Partner sind auch regionale Bioläden und Restaurants – ganz im Sinne von lokal+fair! Der Hof wird als Bioknospenbetrieb mit viel Idealismus geführt. Einst noch mit Kühen, gibt es heute einen diversen Gemüsegarten. Ebenso werden Gemüsesorten und diverse Getreidekulturen angebaut. Gewirtschaftet wird nach dem Motto ‘Qualität statt Quantität’ oder auch ‘SLOW FOOD’ – und das schmeckt man! Wenn immer möglich kommen alte und robuste Sorten aus der Bio- oder Demeter-Züchtung zum Einsatz, die auch einen grossen Mehrwert für die Inhaltsstoffe der Lebensmittel, den Boden und die Umwelt haben. Wir empfehlen von Herzen: Geht vorbei, geniesst und tretet in Kontakt, es lohnt sich!

lokal+fair-Betrieb: der Biohof Püntacher in Stäfa. Bild: Biohof Püntacher.

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